Was ist Upskilling?

Was ist Upskilling? Definition, Methoden und warum es der Schlüssel zur Arbeitsplatzsicherheit ist

In einer Arbeitswelt, die durch die „Vierte Industrielle Revolution“ (4IR) und rasante technologische Sprünge geprägt ist, reicht das einmal erlernte Wissen nicht mehr für ein ganzes Berufsleben. Wer heute im Marketing, in der IT oder im Management arbeitet, spürt den Druck: Die Tools von gestern lösen die Probleme von morgen nicht mehr. Es entstehen sogenannte Skill Gaps.

Die Antwort vieler Unternehmen und Fachkräfte auf dieses Dilemma lautet: Upskilling. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Modewort? Ist es nur ein Synonym für „Weiterbildung“? Dieser Artikel liefert eine wissenschaftlich fundierte Definition, grenzt den Begriff scharf ab und zeigt, wie Upskilling in der Praxis gelingt – ohne die Work-Life-Balance zu gefährden.

Definition: Was bedeutet Upskilling?

Upskilling (auf Deutsch etwa „Höherqualifizierung“) bezeichnet den Prozess, bestehende Fähigkeiten zu erweitern, zu vertiefen oder zu modernisieren, um die Leistungsfähigkeit in der aktuellen beruflichen Rolle zu steigern (Li, 2022, S. 1706; Sawant et al., 2022, S. 4).

Es geht also nicht darum, einen völlig neuen Beruf zu erlernen, sondern darum, im bestehenden Beruf relevant und kompetitiv zu bleiben. Ein klassisches Beispiel aus dem Marketing: Ein Marketing-Manager lernt den Umgang mit KI-Tools wie ChatGPT oder Analyse-Software wie Google Analytics 4, um seine Kampagnen effizienter zu steuern. Der Jobtitel bleibt gleich, aber das Skillset wächst (Evseeva et al., 2021, S. 334).

Die Abgrenzung: Upskilling vs. Reskilling

Um den Begriff strategisch korrekt einzuordnen, ist die Unterscheidung zum „Reskilling“ essenziell, auch wenn beide Begriffe oft in einem Atemzug genannt werden (Kilag et al., 2024, S. 50):

  • Upskilling (Evolution): Fokus auf die aktuelle Rolle. Ziel ist die Optimierung und Anpassung an neue Standards (z. B. Digitalisierung von Prozessen).
  • Reskilling (Revolution): Fokus auf eine neue Rolle. Hier werden gänzlich neue Kompetenzen erlernt, oft weil das alte Berufsbild obsolet wird oder ein interner Wechsel ansteht (Obradović et al., 2024, S. 2).

Warum ist Upskilling heute unverzichtbar?

Die Notwendigkeit für Upskilling entspringt direkt den technologischen Umbrüchen unserer Zeit. Wissenschaftliche Analysen zeigen, dass Upskilling keine „Nice-to-have“-Option mehr ist, sondern eine strategische Überlebensfrage für Individuen und Organisationen (Asiedu & Tenakwah, 2025, S. 2).

1. Bekämpfung der Skill Obsolescence

Fähigkeiten veralten schneller denn je. Was Absolventen an der Universität lernen, entspricht oft nicht den dynamischen Anforderungen der Industrie (Saeed & Rashidi, 2017, S. 303). Upskilling schließt die Lücke zwischen theoretischer Ausbildung und praktischer Notwendigkeit.

2. Steigerung der Produktivität

Studien belegen, dass Upskilling direkt auf die Wettbewerbsfähigkeit einzahlt. Mitarbeitende, die ihre digitalen Kompetenzen erweitern (z. B. durch Datenanalyse), arbeiten effizienter und innovativer (Li, 2022, S. 1698).

3. Mitarbeiterbindung und Motivation

Nach der Self-Determination Theory (SDT) steigert die Möglichkeit zur Kompetenzerweiterung die intrinsische Motivation. Mitarbeitende, die sich als wirksam und kompetent erleben, sind zufriedener und loyaler (Deci & Ryan, 2000, S. 227; Gagné & Deci, 2005, S. 335).

Strategien und Formate: Wie funktioniert Upskilling in der Praxis?

Upskilling findet heute nicht mehr nur im Seminarraum statt. Um effektiv zu sein, muss es flexibel und praxisnah gestaltet werden. Die Forschung identifiziert vier Hauptkategorien erfolgreicher Upskilling-Maßnahmen (Royle & Laing, 2014, S. 13; Umasankar & Padmavanthy, 2020, S. 503):

  1. Technologiegestütztes Lernen: E-Learning-Plattformen, MOOCs (Massive Open Online Courses) und virtuelle Lernumgebungen bieten maximale Flexibilität. Sie sind besonders für Berufstätige attraktiv, da sie zeitunabhängiges Lernen ermöglichen.
  2. On-the-Job-Training: Informelles Lernen direkt am Arbeitsplatz, etwa durch Mentoring, Peer-Learning oder die Übernahme neuer, herausfordernder Projekte. Dieses Format ist hochgradig praxisrelevant (Kilag et al., 2024, S. 51).
  3. Formale Bildungsprogramme: Zertifikatskurse oder Kooperationen mit Hochschulen. Sie bieten fundiertes, tiefgehendes Wissen, sind jedoch oft zeitintensiver.
  4. Organisatorische Unterstützung: Die Bereitstellung von Ressourcen wie Zeitbudgets („Lernzeit“) und einer positiven Lernkultur ist kein Format an sich, aber der Nährboden für jedes Upskilling (Beichter & Kaiser, 2023, S. 190).

Die Herausforderung: Upskilling im Spannungsfeld der Work-Life-Balance

So positiv Upskilling klingt, so schwierig ist oft die Umsetzung. Das Kernproblem ist die Ressource Zeit. Upskilling etabliert das Lernen („Study“) als dritte, permanente Anforderung neben Arbeit („Work“) und Privatleben („Life“).

Wenn Upskilling „on top“ zur normalen Arbeitslast geschehen muss, droht es, zur Belastung zu werden. Nach dem Job Demands-Resources (JD-R) Modell kann dies zu Erschöpfung führen (Bakker & Demerouti, 2007, S. 313). Erfolgreiches Upskilling muss daher systemisch gedacht werden: Es erfordert eine Balance (Work-Life-Study-Balance), bei der Unternehmen Freiräume schaffen, damit Lernen nicht als Stressor, sondern als Ressource wahrgenommen wird (Rikala et al., 2024, S. 6; Cramarenco et al., 2023, S. 738).

Fazit

Upskilling ist der Motor für berufliche Langlebigkeit in der digitalen Ära. Es ermöglicht Fachkräften, in ihren Rollen zu wachsen und relevant zu bleiben. Doch der Erfolg hängt nicht allein vom Willen der Mitarbeitenden ab, sondern davon, wie Unternehmen Lernprozesse in den Arbeitsalltag integrieren. Nur wer Upskilling ressourcenschonend gestaltet, wird langfristig von produktiven und motivierten Teams profitieren.

FAQ

Hier sind die wichtigsten Fragen zum Thema Upskilling

1. Was ist die Definition von Upskilling? Upskilling bezeichnet den Prozess der Erweiterung und Modernisierung bestehender Fähigkeiten, um die Leistung in der aktuellen beruflichen Rolle zu verbessern. Es zielt darauf ab, mit technologischen Entwicklungen Schritt zu halten, ohne den Beruf zu wechseln.

2. Was ist der Unterschied zwischen Upskilling und Reskilling? Während Upskilling auf die Optimierung der aktuellen Rolle fokussiert (Evolution), zielt Reskilling auf das Erlernen völlig neuer Fähigkeiten für eine neue Rolle ab (Revolution), oft als Reaktion auf wegfallende Jobprofile.

3. Welche Methoden gibt es für Upskilling? Zu den effektivsten Formaten zählen technologiegestütztes Lernen (E-Learning, MOOCs), praxisnahes On-the-Job-Training (Mentoring), formale Bildungsprogramme (Zertifikate) sowie die Schaffung einer unterstützenden Lernkultur im Unternehmen.

4. Warum ist Upskilling für Unternehmen wichtig? Upskilling steigert die Produktivität, schließt strategische Skill Gaps und erhöht die Mitarbeiterbindung. Es verhindert, dass das Wissen der Belegschaft veraltet („Skill Obsolescence“) und sichert so die Innovationskraft.

Literaturverzeichnis

Asiedu, E., & Tenakwah, E. S. (2025). Future-proofing your workforce: upskilling and reskilling as HR’s top priorities. Strategic HR Review, 1-5.

Bakker, A. B., & Demerouti, E. (2007). The Job Demands-Resources model: state of the art. Journal of Managerial Psychology, 22(3), 309-328.

Beichter, T., & Kaiser, M. (2023). The Future of Upskilling: Human- and Technology-Centered. In N. Callaos et al. (Eds.), Proceedings of the 14th International Multi-Conference on Complexity, Informatics and Cybernetics (pp. 190-193). International Institute of Informatics and Cybernetics.

Cramarenco, R. E., Burcă-Voicu, M. I., & Dabija, D. C. (2023). The impact of artificial intelligence (AI) on employees’ skills and well-being in global labor markets: A systematic review. Oeconomia Copernicana, 14(3), 731-767.

Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2000). The „What“ and „Why“ of Goal Pursuits: Human Needs and the Self-Determination of Behavior. Psychological Inquiry, 11(4), 227-268.

Evseeva, S., Burmistrov, A., Siniavina, M., & Rasskazova, O. (2021). Reskilling as a Trend for Increasing Human Capital Resources of Organization in Digital Economy. In SPBPU IDE ’21: 3rd International Scientific Conference on Innovations in Digital Economy (pp. 334-339). ACM.

Gagné, M., & Deci, E. L. (2005). Self-determination theory and work motivation. Journal of Organizational Behavior, 26(4), 331-362.

Kilag, O. K. T., Padilla, K. S., Yorong, F. S., & Merabedes, J. G. A. (2024). Importance of Upskilling and Reskilling in Educational Leadership and Management. European Journal of Learning on History and Social Sciences, 1(1), 49-57.

Li, L. (2022). Reskilling and Upskilling the Future-ready Workforce for Industry 4.0 and Beyond. Information Systems Frontiers, 1697-1713.

Obradović, V., Kovačević, I., Kužet, I., & Manojlović, M. (2024). The Sustainability of Reskilling Projects Based on Employees’ Readiness for a Career Shift. Sustainability, 16(16), 709.

Royle, J., & Laing, A. (2014). The digital marketing skills gap: Developing a Digital Marketer Model for the communication industries. International Journal of Information Management, 34(2), 1-24.

Saeed, K., & Rashidi, Z. (2017). Essential Employability Skills for Marketing Careers: Gap Analysis of Education and Profession. Pakistan Business Review, 19(2), 302-319.

Sawant, R., Thomas, B., & Kadlag, S. (2022). Reskilling and Upskilling: To Stay Relevant in Today’s Industry. International Research Journal of Business and Engineering, 7(1), 1-12.

Umasankar, M., & Padmavanthy, S. (2020). Workforce Reskilling for future: Optimising learning through education 4.0. Journal of Critical Reviews, 7(9), 503-510.